ScienceWednesday: Die demokratische Aufgabe des Journalisten beim Texten
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Freitag, 14. Januar 2011
Mediencampus der Hochschule Darmstadt
Mit einem Vortrag der Medienwissenschaftlerin Prof. Dr. Friederike Herrmann begann eine neue Vortragsreihe am Mediencampus: Der ScienceWednesday. Herrmann, die in den journalistischen Studiengängen die Schreibausbildung koordiniert, berichtete aus ihrem Forschungssemester, in dem sie unter anderem an verschiedenen US-amerikanischen Universitäten Einblick in die dortige Schreibausbildung erhielt, in dem sie aber auch zur Rolle und Haltung des journalistischen Erzählers forschte. Der ScienceWednesday hat als wissenschaftliche Vortragsreihe das Ziel, die Forschung am Mediencampus sichtbarer zu machen und einen Austausch jenseits von Studiengangsgrenzen zu ermöglichen.
Friederike Herrmann berichtete zunächst von der langen Tradition des Schreibtrainigs an amerikanischen Universitäten und betonte bezogen auf die Journalismusausbildung den Unterschied einer rein handwerklichen Wissensweitergabe, wie sie auch an einigen Universitäten zu beobachten sei, und einer akademischen Textausbildung, die sich unter anderem Methoden der Literaturwissenschaft bediene. Dies ermögliche eine andere Reflexion von Texten, die schnell zu den Aufgaben des Journalismus führe. Dies zeigte sie an mehreren Textbeispielen.
In jedem Text, so Herrmann, sei implizit eine Vorstellung von der Beziehung zwischen dem Erzähler und Leser enthalten. Autoren sollten diese bewusst gestalten, sich also Adressaten konkret vorstellen: „Mit wem reden Sie, wenn Sie schreiben?“ In der typischen Nachrichtensprache ist diese Beziehung sehr anonymisiert und nicht dialogisch gestaltet. Das gebe den Texten etwas Amtliches, fast Autoritäres. „Der alte Obrigkeitstaat schimmert durch“, so Herrmann. Diese Sprache überdecke, wie subjektiv auch die scheinbar objektiven Nachrichtentexte sind, wie sehr sie durch Perspektive und Auswahl der Informationen eine bestimmte Sicht auf die Dinge nahelegen. Im Vergleich von drei Nachrichten zu Stuttgart 21 zeigte sich, dass einzig der Online-Nachrichtext die Perspektive der Bürger gleichberechtigt einbezog. Gleichzeitig war dieser Text in einer weniger amtlichen Sprache verfasst und damit eher auf Augenhöhe mit den Lesern. Diese Augenhöhe wäre aber die Aufgabe der Presse in einer demokratischen Gesellschaft, die die aktive Teilnahme der Bürger an der Politik herstellen soll, so die Kernthese der Wissenschaftlerin.
In einem zweiten Teil stellten Prof. Dr. Lorenz Lorenz-Meyer und Prof. Dr. Thomas Pleil eine Ideenskizze für ein größer angelegtes Forschungsprogramm zu Social Media in Gesellschaft, Medien und Bildung vor. Hierfür gibt es bereits mehrere Partner außerhalb und innerhalb des Fachbereichs Media, wobei die Initiatoren große Offenheit für weitere Interessierte zeigten. Ziel ist, Drittmittel für ein breit angelegtes Programm zu finden, an dem unter anderem Kommunikationswissenschaftler, Medien- und Wirtschaftsinformatiker, Informationswissenschaftler und Medienpädagogen zusammenarbeiten sollen.
(Fotos: S. Wolf)
Weitere Informationen:
- Beitrag von Prof. Dr. Friederike Herrmann im Medium Magazin
- Der erste ScienceWednesday als Fotoshow
- Terminankündigung: Der zweite ScienceWednesday findet am Mittwoch, 2. Februar 2011, statt