„Vielleicht werden wir uns einen Kicker holen“
Im Interview erzählt Benjamin Kirschner, Mitgründer der App „flinc“ über den Auszug aus dem Hochschul-Inkubator, die App und gibt Tipps für Start-ups.
Ein Beitrag von Sonja Nowack
Mittwoch, 3. Dezember 2014
Mediencampus der Hochschule Darmstadt
„Wie komme ich heute zum Mediencampus Dieburg?“ Spätestens seit es flinc gibt, gibt es für diese Frage eine simple Lösung: einfach per App eine Mitfahrgelegenheit suchen, und zwar direkt von Tür zu Tür. Flinc war ursprünglich ein Studienprojekt von acht Studierenden der Hochschule Darmstadt und es galt, Probleme in der Mobilität zu lösen. Fünf Jahre später ist flinc ein erfolgreiches Unternehmen – höchste Zeit für einen Auszug aus dem hochschuleigenen Inkubator, der Jungunternehmern die passenden Räumlichkeiten zur Verfügung stellt. Im Interview erzählt flinc-Mitgründer Benjamin Kirschner, was sich durch den Umzug ändern wird, warum flinc so erfolgreich ist und welche Tipps er anderen Start-ups gibt.
Benjamin, wie oft nutzt du selbst flinc?
Täglich! Wenn ich lange arbeite, bekomme ich keinen Flincer (Anm. d. Red.: Nutzer von Flinc), meistens fahre ich morgens mit flinc hierher und auch zweimal die Woche abends mit flinc zurück.
Was wird sich nach dem Umzug für euch ändern?
Wir essen in einer anderen Mensa. Ansonsten weiß ich es noch nicht, es ist ja der erste Umzug. Es wird ein anderes Gefühl sein, in das erste eigene Büro zu ziehen, die Wände vollzuhängen mit Ideen und Konzepten. Wir werden wahrscheinlich noch ein bisschen offener sein können. Gerade ist es natürlich so, dass noch andere, unternehmensfremde Personen hier im Raum sind. Wir sind generell sehr offen miteinander und tauschen uns auch aus, aber natürlich gibt es auch Dinge, die nicht unser Unternehmen verlassen dürfen und die werden wir uns dann auch überall hinhängen. Vielleicht werden wir uns einen Kicker holen, mal schauen, da gibt es viele Möglichkeiten.
Warum ist der Umzug nötig geworden?
Tatsächlich hatten wir hier im Inkubator eine sehr schöne Zeit und wahrscheinlich wären wir auch noch ein bisschen länger geblieben, aber ich glaube, es ist für unsere Firma sehr wertvoll, wenn wir in ein eigenes Büro ziehen. Der andere tolle Grund ist auch, dass hier viele neue Gründer in den Inkubator hereinkommen. Es ist das Ziel vom Inkubator, dass junge Unternehmer gefördert werden und wir sind jetzt nicht mehr ganz so jung und deswegen weichen wir jetzt in das neue Büro aus. Zudem planen wir auf jeden Fall, stark zu expandieren, von daher wäre es so oder so notwendig geworden, weil der Inkubator natürlich auch seine Grenzen hat. Am Anfang ist es superwichtig, dass alle in einem große Raum sind, da das gut ist für die Kommunikation, aber jetzt brauchen wir eben so etwas wie den extra Sales Raum, extra Meeting Raum und einen Raum, in dem über kritischere Themen gesprochen werden kann wie beispielsweise über Gehälter. Bisher liefen solche Gespräche im Garten ab oder in einer ruhigen Ecke.
Warum benutzen eure Kunden flinc gerne?
Es gibt unterschiedliche Motivationen, die auch ein bisschen miteinander verknüpft sind. Natürlich ist es so, dass man 50 Prozent oder mehr an Spritkosten einsparen kann, was cool ist. Ich glaube aber auch, dass der Faktor alleine nicht funktioniert. Wenn man jeden Tag jemanden mitnimmt und der ist ein Arschloch, dann glaube ich nicht, dass einem das 50 Euro im Monat wert ist. Das heißt auch, dass die Leute, die in unserer Community unterwegs sind, miteinander auskommen müssen und nett zueinander sind. Ich führe immer tolle Gespräche mit den Flincern. Wenn man mit jemandem gemeinsam im Auto sitzt, redet man schneller über Themen, über die man sonst vielleicht nicht so schnell sprechen würde, wie zum Beispiel über den Urlaub oder die Freizeitgestaltung. Es fühlt sich einfach sehr schnell vertraut an. So bin ich schon mit einer Krankenschwester mitgefahren, die Nachtschicht hatte oder einem selbstständigen IT-Unternehmer. Man trifft da die verschiedensten Leute, die ich sonst so nicht getroffen hätte. Es erweitert den Horizont.
Warum habt ihr es geschafft und andere Start-ups schaffen es nicht?
Da gibt es eine Million Gründe. Als erstes muss man einfach mal machen, nicht nur sagen, ich hab da eine tolle Idee und die Idee hast du für die nächsten zehn Jahren, aber du fängst halt nicht wirklich an, dafür zu arbeiten. Ich habe mit vielen Studenten gesprochen über ihre Ideen und letztendlich zieht das einer von zehn Studenten durch. Einer von zehn überlebt dann das erste Jahr, einer von zehn das zweite Jahr und so geht es immer weiter. Bei dem einen fehlt es an der nötigen Erfahrung, wie man Kapital anwirbt, der andere verwirklicht sein Geschäftsmodell nicht schnell genug, oder man ist nicht fokussiert genug. Und es gibt Fehler, die macht man einfach und die verkraftet man. Wir haben ja auch Fehler gemacht und das ist der normale Start-up-Prozess. Man lernt jeden Tag dazu und das Wichtige ist, dass man es beim nächsten Mal besser macht.
Was wären deine Tipps an andere Gründer?
Also einer der wichtigsten Punkte ist: Über die Idee sprechen. Uns wurde damals auch geraten, lieber nicht darüber zu sprechen, damit uns keiner die Idee klaut. Das ist so ein Standard-Satz. Und das ist einfach Quatsch. Man muss sich austauschen über die Idee, nur dadurch wird sie besser und irgendwann zu einem Konzept, das man zu einem Geschäft umwandeln kann. Zweitens sollte man Entscheidungen treffen können. Es gibt viele Richtungen,die man einschlagen kann und man muss sich irgendwann für eine entscheiden. Man sollte Prioritäten setzen können und sich überlegen, was der nächste Schritt ist, den man gehen muss. Man kann natürlich ein Jahr lang Forschung betreiben, wer zum Beispiel die Zielgruppe ist oder man macht es einfach und merkt dann schnell, was klappt und was nicht. Einfach machen und nicht zu viel Forschung betreiben. Es heißt auch immer, es gibt keine Antworten „inside the building“, man muss rausgehen und mit den Kunden sprechen. Und das ist ein Schritt, der am Anfang vielen schwer fällt.
Was sind deine Ziele für flinc?
Wir wollen erst mal kräftig wachsen, viele neue Flincer für das Netzwerk gewinnen, die Netzwerkdichte erhöhen und da freuen wir uns darauf, dass wir das nächstes Jahr richtig angehen mit mehr Teammitgliedern. Besonders im Bereich Marketing wollen wir noch aufstocken und weitere Teammitglieder hinzugewinnen.
Was werdet ihr noch an der App ändern?
Das ist ja das Tolle bei uns, es ändert sich immer etwas. Alle zwei Wochen gibt es eine Neuerung, manche sieht man, manche nicht. Sowohl die Apps als auch die Webseite werden sich in den nächsten Monaten weiter verbessern. Wir messen sehr genau, wo es Probleme in der App gibt, wir machen Usability Tests, und fragen unsere Nutzer. Das andere ist Performance und Stabilität, also schneller machen, stabiler machen, weniger Abstürze. Gerade bei den mobilen Geräten gibt es eine große Vielfalt, und kaum kommt wieder ein neues Gerät auf den Markt, muss man schauen, warum wirft das jetzt einen Fehler und dann muss man nachbessern. Die Entwicklung hört nie auf, das Produkt ist nie fertig.
Über flinc
Flinc hat knapp 250.000 registrierten Nutzer, die meisten sind zwischen 18 und 40 Jahre alt und etwas mehr Männer als Frauen. Primär bedient wird bei flinc der Weg zur Arbeit beziehungsweise zur Universität.
Über den Inkubator
Der Inkubator ist ein Großraumbüro am Campus Dieburg. Die Hochschule Darmstadt stellt mit dem Inkubator Räumlichkeiten und Mobiliar zur Verfügung, um junge Unternehmer zu fördern.