see-Conference #11 in Wiesbaden: Datenvisualisierung mal ganz anders
Wie kann man enge Räume offener erscheinen lassen? Studierende der Studiengänge IMD sowie Sound & Music Production präsentierten ihren Ansatz auf der #see11
Ein Beitrag von Hannah Schürr
Freitag, 27. Mai 2016
Mediencampus der Hochschule Darmstadt
Anhaltender Nieselregen begrüßt die Besucher der elften see-Conference, doch das scheint hier niemanden großartig zu stören. Im Gegenteil, bis weit nach draußen stehen die Besucher Schlange, aus dem Inneren des Wiesbadener Schlachthofs wummert verheißungsvoll der Bass und eine kribbelige Spannung liegt in der Luft. In einer halben Stunde geht es los!
Einmal im Jahr findet hier in der Hessischen Landeshauptstadt die see-Conference unter der Leitung der Agentur Scholz&Volkmer statt. Handverlesene internationale und nationale Gäste haben auf der großen Bühne Raum, um etwas über ihre Arbeit oder Passion zu erzählen. Die Themen Datenverarbeitung, Datenvisualisierung und Nachhaltigkeit ziehen sich dabei wie ein roter Faden durch alle Talks, werden aber auf ganz unterschiedliche Art und Weise aufgegriffen. Da gibt es zum Beispiel Aral Balkan, der sich in unserem digitalen Zeitalter für Freiheit und Demokratie einsetzt, um die Menschenrechte zu schützen. Er will aufwecken und wachrütteln, Probleme aufzeigen und sich gegen die Sammlung und Verbreitung unserer Daten wehren.
Oder Nonny de la Peña, die auch die „Godmother of Virtual Reality“ genannt wird. Sie verbindet Virtual Reality mit klassischem Journalismus und schafft dadurch eine neue Form von Storytelling. Tatorte, Kriegsschauplätze oder andere Orte menschlicher Tragödien stellt sie dreidimensional dar und macht dadurch den stummen Leser zum aktiven Teilhaber. Dadurch wird die komplette Perspektive verändert, die erlebten Geschichten sollen wachrütteln, weg vom „Das betrifft ja nicht mich, was irgendwo auf der Welt passiert“ hin zum selbst Betroffensein und verstehen. Wer das einmal am eigenen Leib erfahren will, der hat im hinteren Teil des Schlachthofs die Möglichkeit dazu, denn die Journalistin hat eine ihrer Storys mitgebracht. Es geht um ein Autobombenattentat in Syrien. Der Zuschauer kann sich frei auf einem Marktplatz bewegen, Menschen bei ihrer täglichen Arbeit beobachten und sich einfach treiben lassen. Alles wirkt lebensnah, als wäre man selbst ein Teil davon. Die Geschichte nimmt ein abruptes Ende, als ein Auto in der Nähe explodiert. Ob man von einem solchen Vorfall in der Zeitung liest oder gefühlt direkt vor Ort steht, sind emotional gesehen zwei völlig unterschiedliche Perspektiven. Ein Journalismus also, der die Menschen unmittelbar erreichen und zum Nachdenken anregen will.
„metaspace“ ist ein weiteres Projekt, welches direkt ausprobiert werden kann. Einige Studierende der h_da, die am Mediencampus in Dieburg Interactive Media Design und Sound and Music Production belegen, beschäftigten sich ein Semester lang mit dem Thema Raumerweiterung. Wie kann in Großstädten kleiner Raum besser genutzt, gefühlte Enge abgeschafft und so ein neues Raumgefühl geschaffen werden. Die Lösung der Studis: „metaspace“. Ein Raum, der von allen Seiten mit Beamern bestrahlt wird und sich seinem Nutzer optisch und stimmungstechnisch anpasst. Passend dazu ist auch der Sound genau auf die optische Raumgröße abgestimmt. Da ist zum Beispiel auf einmal Hall, wo gar nichts hallen kann. Und schon werden Augen und Ohren ausgetrickst. Auf einmal steht man in einer riesigen Halle, schwimmt mit Fischenim Meer herum oder macht es sich auf einem weichen Flokati im Wohnzimmer gemütlich. Ohne jemals die eigentliche Location verlassen zu haben.
Menschen und Daten. An diesem Tag im Schlachthof werden die beiden Komponenten auf unterschiedlichste Arten und Weisen zusammengebracht. Das Programm ist für Leute aus der Szene genauso spannend wie für Laien. Im einen Moment wird herzlich gelacht, im nächsten herrscht Betroffenheit, gefolgt von Verwirrung, Ärger und wieder Humor. Eine emotionale Reise, die perfekt zu dem kompletten Programm des Tages passt.