ScienceWednesday: „Breaking News“ auf lateinamerikanischen Newssites
Newssites im Internet haben niemals Redaktionsschluss. Wie gehen die Redakteure mit "Breaking News" um? Dieser Frage ist Prof. Dr. Schumacher nachgegangen.
Ein Beitrag von Tobias Lübke, Christoph Rüppel
Freitag, 27. November 2015
Mediencampus der Hochschule Darmstadt
Bei der Vortragsreihe ScienceWednesday berichten WissenschaftlerInnen über Forschungsideen oder Ergebnisse aus Forschungssemestern. Im Lunchtalk widmete sich Prof. Dr. Peter Schumacher, Professor für Journalistik am Mediencampus, südamerikanischen Newssites und deren Umgang mit Breaking News. Die empirische Grundlage bildete eine Verlaufsanalyse von insgesamt acht Websites, ergänzt durch Leitfadengespräche mit den Redaktionen.
Peter Schumacher verdeutlichte die unterschiedlichen Herangehensweisen der Nachrichtenangebote am Beispiel der Ankündigung der diplomatischen Annäherung zwischen den USA und Kuba zum Jahresende 2014. Dabei stellte er fest, dass südamerikanische Redaktionen nicht gravierend anders arbeiten als solche in Nordamerika oder Europa. Sie alle präsentierten das Thema als Aufmacher auf ihrer Website. Dabei gingen sie additiv vor und bauten die ersten Meldungen zu einem Themenpaket aus. Besonders das Onlineangebot von “El Tiempo” aggregierte rasch Informationen zum Ende der diplomatischen Eiszeit beider Staaten. Diese “Breaking News” wurde nach und nach zu einem multimedialen Gesamtauftritt ausgebaut.
Stefan Plöchinger, Online-Chef der Süddeutschen Zeitung, beschreibt die Aufgaben eines Online-Blattmachers wie folgt: “Prioritäten in der Themenflut zu setzen, das Wichtige zu filtern und klug einzuordnen, offen zu bleiben für Überraschungen, Artikel gut zu mischen und anzutexten […], kurz: die Seite und ihre Geschichten richtig zu verkaufen.” Zentrale Einflussfaktoren wie die Komposition der Seite, Erfahrungswerte zu Nutzerinteressen und den Konkurrenzangeboten und gegebenenfalls vorhandenes Tracking seien dabei entscheidend. Unterschiedliche Meldungen stünden in direkter Konkurrenz. Prof. Schumacher beobachtete im Besonderen die Konkurrenzsituation zwischen nationalen und internationalen Meldungen: Also etwa die internationale Meldung, dass Barack Obama und Raúl Castro Gespräche aufgenommen haben gegenüber den daraus resultierenden Berichten über die Reaktionen der nationalen Regierungen Argentinies, Uruguays und Ecuadors.
Auf die Frage der Rolle von Quoten schilderte Prof. Schumacher, wie die Redaktionen mit Analysetools wie beispielsweise Chartbeat umgehen. Die Daten jener Tools werden nach eigenen Angaben der Redakteure primär zur Orientierung über die Interessenlage der Leser genutzt. Die Statistiken seien demnach ein wichtiger Faktor bei der Überlegung, wann attraktive und wichtige Themen präsentiert werden. Letztlich gelte es abzuschätzen, zu welcher Tageszeit und in welcher Form die größtmögliche Aufmerksamkeit für ein Thema generiert werden kann.