Medienkompetenz vermitteln: Wenn Studierende zu Lehrenden werden
Wie kann man Medienkompetenz von Schülern verbessern? Studierende haben dazu einen Workshop konzipiert und an der Alfred-Delp-Schule in Dieburg umgesetzt.
Ein Beitrag von Miriam Ott
Montag, 8. Januar 2018
Mediencampus der Hochschule Darmstadt
Dass Kinder und Jugendliche heute mit hohem Medienkonsum aufwachsen, ist keine Seltenheit. Die JIM-Studie, die sich mit der Mediennutzung von Heranwachsenden befasst, fand 2016 heraus, dass 98 Prozent der zwölf- bis 19-jährigen ein eigenes Smartphone, einen Computer oder Laptop besitzen und mit diesen Geräten nach einer Selbsteinschätzung werktags rund 200 Minuten, also über drei Stunden, online sind. Immer wieder kommt es zu Vorfällen wie Cybermobbing, Datenklau, dem Verbreiten von privaten Informationen – schlimmstenfalls Nacktfotos – oder dem Hacken von Social-Media-Profilen. Ebenfalls wissen viele Schüler nicht, wie sie Onlinequellen verifizieren oder Fake-News erkennen können – eine erschreckende Tatsache, wenn man bedenkt, dass acht von zehn Jugendlichen ihre Medienkompetenz als sehr gut oder gut einschätzen.
Lernen durch Lehren
Diesem Problem wollten die Studierenden des Kurses “Web Literacy”, der für die Studiengänge Onlinekommunikation und Informationswissenschaft unter der Leitung von Lisa Benz im Sommersemester 2017 angeboten wurde, entgegen wirken. “Web Literacy” ist ein Fachbegriff, der eine umfassende Kompetenz bezogen auf digitale Medien beschreibt; dazu gehören zum Beispiel das sichere Finden und Einordnen von Informationen, aber auch das multimediale Publizieren im Netz oder die Beteiligung an Communities.
In Kooperation mit der Alfred-Delp-Schule Dieburg entwickelten die Studierenden eine dreitägige Workshop-Reihe, die den Schülern die Gefahren und Probleme im Netz aufzeigen und sie zusätzlich für den weiteren digitalen Lebensweg schulen sollte. Dabei haben die Studierenden in verschiedenen Kleingruppen die Themen soziale Netzwerke, Online-Tools, Messenger, Internetrecherche, IT-Sicherheit sowie Job und Studium vorbereitet und sie in einem jeweils dreistündigen Workshop-Block umgesetzt.
Theorie wird zu Praxis
Den Auftakt machteum 8.30 Uhr das Team Soziale Netzwerke – die drei Studentinnen aus dem 6. Semester des Studiengangs Onlinekommunikation kannten sich in diesem Bereich besonders gut aus, da sie bereits in verschiedenen Modulen sowie Nebenjobs mit Social Media in Berührung gekommen waren. Sie zeigten den Schülern verschiedene Gefahren und Risiken, aber auch tolle Möglichkeiten im Umgang mit Facebook & Co. auf, und erreichten durch gezielte Gruppenarbeiten das Überdenken der sonst sehr ungezwungenen Posting-Mentalität.
Nachmittags folgte die Gruppe Online-Tools ab 12.30 Uhr, die ebenfalls aus Onlinekommunikations- Studentinnen bestand, und den Schülern hilfreiche Programme zur kollaborativen Online-Zusammenarbeit sowie Blog- und Webseiten-Erstellung vorstellte und gleich ausprobieren ließ.
Auch der zweite Tag ging spannend weiter: Vormittags starteten die Schüler mit einer geführten Tour über den Mediencampus, um das Studentenleben und die angebotenen Studiengänge kennenzulernen. Anschließend ging es mit dem Thema Messenger weiter. Dabei lernten die Schüler sechs verschiedene Nachrichten-Apps kennen, probierten sie aus und stellten Vor- sowie Nachteile zusammen, die anschließend im Plenum präsentiert und diskutiert wurden. Anschließend wurden die Weichen für erfolgreiche Recherchen gestellt: Die Schüler bekamen abseits von Google hilfreiche Suchmaschinen vorgestellt, die für wissenschaftliches Arbeiten unabdingbar sind, und durften diese anschließend auf Herz und Nieren prüfen. Auch personalisierte Suchergebnisse wurden vorgestellt, die z.B. Einfluss auf die vorgeschlagenen Suchbegriffe oder sogar die Preise im Onlineshop haben – und dadurch nicht zu unterschätzen sind.
Am dritten und letzten Workshop-Tag, der wieder in der Alfred-Delp-Schule stattfand, starteten zwei Studentinnen aus dem Masterstudiengang Informationswissenschaft mit dem Thema IT-Sicherheit und gingen dabei auf datenschutzrechtliche Aspekte, Verschlüsselungsmethoden und Gefahren im Netz ein. Zusätzlich wurden die Schüler auf eine kleine Exkursion ins Reich von Darknet, Bitcoins und Co. mitgenommen, an der mit Spannung teilgenommen wurde. Zum Abschluss stellte die sechste Gruppe, die sich mit dem Thema Job und Studium beschäftigt hatte, bis etwa 15.45 Uhr verschiedene Karrieremessen, Studienwahltests, Jobbörsen sowie die beruflichen sozialen Netzwerke Xing und LinkedIn vor und gab hilfreiche Tipps, zum Beispiel für Skype-Bewerbungsgespräche oder mögliche Fragen in Vorstellungsgesprächen. Zusätzlich zeigten sie den Schülern, wie sie mit dem Onlinetool Canva tolle Lebensläufe und Anschreiben erstellen können, um sich von anderen Bewerbern abzuheben.
Einblicke in neue Themen
Alles in allem waren die drei Workshoptage nicht nur für die Schüler der Alfred-Delp-Schule spannend und lehrreich, sondern auch für die Studierenden eine tolle Möglichkeit, das entwickelte Workshop-Konzept gleich in der Praxis durchzuführen. Im Studiengang Onlinekommunikation ist die Vermittlung von Onlinekompetenz in Betrieben oder anderen Institutionen einer von mehreren Studienschwerpunkten.
„Wir konnten den Schülern einen ersten Einblick in ganz vielseitige Themen geben und ihre Medienkompetenz in vielen Bereichen schulen und weiterentwickeln. Doch die Workshop-Reihe war erst der Anfang, in diesem Schuljahr können alle interessierten Schüler erstmals die Web Literacy-Mentoren AG besuchen und ihre Medienkompetenz damit noch weiter ausbauen“, zieht die die modulverantwortliche Dozentin Lisa Benz ein positives Fazit.
Fotos: Miriam Ott