Interview mit Prof. Dr. Melina Alexa: “Lernagenturen als faszinierendes Format”
Seit diesem Semester lehrt Prof. Alexa Online Marketing im Studiengang Onlinekommunikation. Wir haben sie zum Auftaktinterview getroffen.
Ein Beitrag von Tobias Lübke, Christoph Rüppel
Montag, 2. November 2015
Mediencampus der Hochschule Darmstadt
Prof. Dr. Melina Alexa hat zum Wintersemester die Professur für Online Marketing am Mediencampus aufgenommen. Wir haben sie zum Auftaktinterview getroffen und über ihren beruflichen Hintergrund, ihre Arbeit im Studiengang Onlinekommunikation und neue Herausforderungen gesprochen.
Guten Tag, Frau Alexa. Wie waren Ihre ersten Wochen an der h_da?
Alexa: Sehr intensiv. Ich musste Etliches erfahren und lernen und ich hätte gerne eine Art Starter-Kit gehabt, in dem steht, wo was zu finden ist und wie die Abläufe und Prozesse geregelt sind. Auf der anderen Seite gab es Vieles zu sehen und zu erleben. Die Erstsemestertage waren toll. Ich bin sehr gut aufgenommen worden von den Kollegen und Kolleginnen. Die Studierenden fordern mich, was mich freut und gut ist, aber ich merke, dass das Umfeld neu ist und ich es mit neuen Herausforderung zutun habe – ich bin abends schon müde. Das ist ein bisschen wie im ersten Job.
Haben Sie sich schon an den Professorinnentitel gewöhnt?
Alexa: Nein, noch nicht. Ich finde es auch immer noch lustig, wenn ich Mails bekomme, die mit “Frau Professorin” beginnen. Aber das ist ja eher eine Formsache.
Sie haben in der Computerlinguistik promoviert. Was sagen Sie zu den neuesten Entwicklungen rund um Smartwatches? Sprechen Sie schon mit Ihrem Computer am Arm?
Alexa: Nein, ich finde die Entwicklung aber sehr spannend. Es ist einer von möglichen Anwendungsbereichen. Als ich promoviert habe, ging es sehr stark um maschinelle Übersetzungen, Themen wie “Example-Based Machine Translation” und so weiter. Das ist ein anderer Anwendungsbereich als das Sprechen mit der Maschine, um ihr beispielsweise Anweisungen zu geben. Ich freue mich über jede Entwicklung, die es schafft, die natürliche Sprache zu analysieren, zu verstehen und sie richtig einzusetzen.
Die Industrie feiert diese Entwicklungen als den Zukunftsmarkt schlechthin. Die Technik soll immer enger mit unserem Leben verknüpft werden. Brillen, Uhren und bald auch Kleidung werden von Computern unterstützt. Wie beurteilen Sie diese zunehmende Verzahnung?
Alexa: Es fällt mir manchmal schwer, eine echte Wertung dafür zu finden. Ich empfinde es als eine sehr spannende Entwicklung. Wir versuchen natürlich immer, in der Erforschung der Möglichkeiten weiterzukommen und wenn sich mögliche Wege öffnen, dann versucht man diese natürlich zu gehen. Man muss sich die Frage stellen: “Was bedeutet das für unser Leben, für unser Miteinander?” Letztendlich gehen mit jeder Entwicklung, die stattfindet, auch ethische Fragen einher. Diese Fragen muss man stellen und Antworten dazu finden. Und es kann durchaus sein, dass die Generationen unterschiedlich mit diesen Fragestellungen umgehen.
In Ihrer beruflichen Karriere waren Sie zehn Jahre lang beim Verlag des Dudens und haben dort maßgeblich die Online-Plattformen mit vorangetrieben. Mit der Rechtschreibprüfung von Duden.de übrigens auch ein Tool, welches wir häufig nutzen. Wie ist denn Ihre Beziehung zur Sprache, gerade zur deutschen Sprachen?
Alexa: Ich mag die Sprache sehr gerne, aber ich habe eine nicht ganz einfache Beziehung zur deutschen Sprache. Ich habe Deutsch nicht studiert. Meine Muttersprache ist Griechisch, ich habe lange Zeit in England gelebt und die Sprache dort studiert. Danach bin ich nach Deutschland gekommen und als ich hierher kam, hatte ich Grundkenntnisse der deutschen Sprache. Ich habe die Sprache nach und nach gelernt und diese immer weiter vertieft. Ich genieße sie. Ich sehe manchmal auch bestimmte Sachen, die ganz lustig sind. Das ist etwas, das jedem, der an Sprachen interessiert ist, auffällt, wenn er mit einer neuen Sprache konfrontiert wird. Ich fühle mich mittlerweile in der deutschen Sprache zu Hause, aber ich wünsche mir oft, dass es diese Grenze der Nicht-Muttersprache in meinem Kopf nicht gäbe, aber das geht nicht.
Wie hat es Sie zum Verlag des Dudens verschlagen?
Alexa: Das war erstaunlich, wenn ich zurückdenke. Ich habe damals gesehen, dass das Bibliographische Institut (Name des Verlags, Anm. d. Red.) Projektleiter und Produktmanager im Bereich Sprachtechnologie suchte. Ich war überrascht, da ich das Unternehmen damals nicht als eine Firma wahrgenommen habe, die sich maßgeblich mit dem Thema Sprachtechnologie auseinandersetzt. Ich habe mich beworben, wurde eingeladen und habe dort erfahren, dass das Thema sehr wichtig für den Verlag war. Auch im Hinblick auf die Zukunft, insbesondere im Bereich Rechtschreib- und Grammatikprüfung. Das war für mich natürlich die richtige Umgebung. Ich konnte mein Wissen einbringen und mich mit Themen der deutschen Sprache und der automatischen Verarbeitung von Sprache auseinandersetzen. Und das für echte Produkte und Entwicklungen. Das war ideal für mich.
An der h_da lehren Sie hauptsächlich im Studiengang Onlinekommunikation. Im aktuellen Wintersemester feiern dort die sogenannten Lernagenturen Premiere. Dabei handelt es sich um Projektarbeiten, bei dem die Studierenden nach Möglichkeit mit Unternehmen aus der Praxis zusammenarbeiten und tatsächliche Projekte umsetzen. Wie sind ihre bisherigen Erfahrungen mit diesem Ansatz?
Alexa: Ich empfinde das als eine tolle Möglichkeit. Das Format ist faszinierend und ich bin sehr froh, dass es im Studiengang angeboten wird. Wir sind jetzt in der zweiten Woche der Lernagenturen und damit ganz am Anfang. Aber ich merke, dass dieses Format für die Studierenden und auch für die Dozenten und Dozentinnen eine großartige Möglichkeit ist, um bestimmte Themen in der Tiefe zu untersuchen und dabei konkret zu bearbeiten. Man verlässt die theoretische Ebene und wendet das Wissen, das man sammelt, praktisch an. Dadurch sieht man direkt, wie und wofür man das Gelernte nutzen kann. Ich bin begeistert von den Teilnehmern meiner Gruppe. Sie nehmen die Herausforderungen an und treiben das Thema weiter. Ich könnte mir für den Einstieg kein besseres Format wünschen.
Arbeiten Sie in Ihrer Lernagentur rund um das Thema Freemium auch mit Unternehmen aus der Praxis zusammen?
Alexa: Ja, ursprünglich hatte ich mit zwei Unternehmen unterschiedlicher Branchen geplant. Wir haben uns dann aber auf ein Unternehmen beschränkt, da das Projekt sonst zu komplex geworden wäre. Zumal dies die erste Lernagentur für die Studierenden ist. Wir arbeiten mit einem Unternehmen aus Darmstadt zusammen und gehen so vor, dass wir mit der Methode der Fallstudie das Freemium-Geschäftsmodell genauer anschauen und als Agentur beratend agieren.
In ihrer Forschung beschäftigten Sie sich schwerpunktmäßig mit den Themen Web-Mining und Text-Mining. Was versteht man darunter?
Alexa: Darunter versteht man, dass man aus einer großen Menge unterschiedlicher Daten tatsächliche Informationen herausziehen kann, die man für unterschiedliche Anwendungen und Zwecke nutzen kann. Mir geht es sehr stark darum, dass man zum einen natürlich die richtigen Informationen herausfindet. Heutzutage sind wir überflutet von Informationen und Daten. Mir geht es aber auch um die smarten Daten, also nicht unbedingt nur um Big Data. Wie kann man Verfahren entwickeln und einsetzen, mit denen man für den gewünschten Zweck intelligente Informationen herausfiltert und bewertet? Das ist eine aktuelle Herausforderung.
Bei der Analyse eben jener Daten wird bereits heute maßgeblich auf automatisierte Verfahren gesetzt. Lohnt es sich für Studierende überhaupt noch, sich in diesem Bereich zu orientieren, wenn die Konkurrenz durch Computer so stark ist?
Alexa: Ich glaube, dass es nicht nur einen Weg gibt. Natürlich wird sehr stark auf automatisierte Verfahren gesetzt. Allein aus der Situation heraus, dass man es mit sehr, sehr vielen Daten zu tun hat. Das ist aber häufig nur der Anfang. Dabei geht es darum, bestimmte Informationen zu filtern und Muster zu erkennen. Aber man muss etwas mit diesen Informationen machen, man muss sie bewerten. Man muss entscheiden, wie und in welchem Kontext die Informationen eingesetzt werden können. Das sind Fragen, die dann vom Anwendungsbereich abhängig sind.
Für manche Dinge mag es sein, dass die Methoden und Werkzeuge, die bereits heute verfügbar sind, ausreichen. Für andere wiederum nicht. Man hat dabei immer mit Sprache zu tun: Wenn ich zum Beispiel im Bereich Opinion-Mining unterwegs bin, muss ich nicht nur verstehen, was mit einer Äußerung gemeint ist, sondern wie etwas gemeint ist. Das ist ein anderes Anwendungsszenario, als nur Stichwörter aus einer gigantischen Menge an Text herauszuholen. Es bedarf nach wie vor der Analyse und Interpretation der Ergebnisse.
Herzlichen Dank für das Interview!
Das Interview führten Tobias Lübke und Christoph Rüppel.