Faces & Places: Valérie Eiseler
Valérie macht aktuell ein Praktikum in den USA. Im Interview erzählt die Studentin was sie besonders vermisst und gibt Tipps für Auslandsaufenthalte.
Ein Beitrag von Vanessa Kokoschka
Dienstag, 30. April 2019
Mediencampus der Hochschule Darmstadt
Valérie, du absolvierst aktuell das Masterstudium Medienentwicklung an der h_da und machst gerade ein Praktikum bei der Online-Tageszeitung Rivard Report in San Antonio (Texas/USA). Warum hast du dich dazu entschieden, dort ein Praktikum zu machen?
Das war ehrlich gesagt gar nicht meine Idee. Darmstadt und San Antonio sind seit 2017 Partnerstädte. Im Austausch zwischen den beiden Städten entstand dann die Idee eines studentischen Austauschs. Robert Rivard, Gründer des Rivard Reports hat daraufhin ein journalistisches Praktikum angeboten. Erst als ich davon dann von meinen Professoren erfahren habe, habe ich mich beworben.
Da ich aber die amerikanische Medienlandschaft sowieso schon sehr lange spannend finde, insbesondere im aktuellen Klima, hätte die Ausschreibung für mich wirklich zu keinem besseren Zeitpunkt kommen können.
Was gefällt dir an deinem Praktikum besonders gut?
Der Rivard Report ist keine klassische Lokalzeitung, sondern ein Non-Profit Newsroom. Das Team ist vergleichsweise klein, aber dafür extrem engagiert. Die persönliche Verbindung der einzelnen Reporter*innen zur Community hat mich überrascht und gefällt mir sehr. Das wird über geschriebene Artikel hinaus bei vielen gemeinsamen Veranstaltungen gefördert.
Außerdem habe ich gemerkt, dass es als Neuankömmling wirklich kaum eine bessere Art gibt eine neue Stadt kennenzulernen, als dort im Lokaljournalismus zu arbeiten. Ich war von Anfang an mitten im Gespräch über die wichtigsten Themen in San Antonio.
Welche Vorbereitungen hast du im Vorfeld getroffen, um das Praktikum im Ausland zu absolvieren?
Die wichtigste -zugegebenermaßen aber auch langweiligste- Vorbereitung liegt in den Visumsunterlagen und der Finanzierung. Die USA sind bekannt für ihre Bürokratie und das nicht umsonst. Es ist also extrem wichtig sich vorher genau anzuschauen, welche Papiere und Unterlagen man braucht, um dort arbeiten zu dürfen, selbst im Rahmen eines Praktikums. Außerdem habe ich mich um finanzielle Unterstützung durch die Hochschule beworben, was eine große Hilfe war.
Auf der weniger bürokratischen Seite habe ich einfach versucht, mich gut zu informieren. Ich habe viele Nachrichten gelesen, national und lokal, um nicht komplett unvorbereitet in San Antonio anzukommen. Das hilft auf jeden Fall, um schon vorher ein Gefühl für die kulturellen Unterschiede zu bekommen.
Wie steht es um dein Heimweh?
Natürlich vermisse ich mein Leben zu Hause in Deutschland, aber das steht für mich nicht im Vordergrund des Aufenthalts. Ich versuche eher die zwei Monate hier richtig auszuschöpfen und so viel wie möglich zu lernen, bevor es schon wieder nach Hause geht. Was ich aber wirklich jeden Tag vermisse, ist ein gutes Vollkornbrot. Das habe ich wahrscheinlich mit allen Deutschen in den USA gemeinsam.
Du bist nun schon ein Weile in San Antonio. Inwiefern unterscheidet sich denn die Arbeitsweise von amerikanischen und deutschen Journalisten?
Natürlich kann ich das nicht generalisierend für zwei so große Journalismuskulturen beantworten. Ich hatte aber die tolle Gelegenheit hier am International Symposium for Online Journalism teilzunehmen und habe dort zumindest eine größere Offenheit gegenüber neuen Technologien und Veränderungen der Disziplin wahrgenommen. In Deutschland ist man da eher skeptisch (was nicht immer verkehrt ist) aber das schlägt sich in häufig sehr starren Medienstrukturen nieder.
Ich sehe hier auch große Bemühungen Zugang zu der gesamten Community und nicht nur zu Leserinnen und Lesern zu finden. Zumindest beim Rivard Report, die ja ein reines Online Medium sind, hat man akzeptiert, dass die alten Mittel und Wege nicht mehr funktionieren. Und statt sie zu betrauern, versuchen die Leute hier nach vorn zu schauen. Das macht Mut.
Welche Tipps kannst du anderen Studis geben, die sich für ein Praktikum im Ausland oder ein Auslandssemester bewerben wollen, sich aber noch nicht recht trauen?
Versucht herauszufinden was genau die Gründe dafür sind, dass ihr euch nicht traut. Und dann versucht genau an diesen Baustellen anzusetzen. Liegt es an der Sprache? Da helfen Sprachkurse oder Serien mit Untertiteln. Angst vor einem Kulturschock? Dann versucht so viel wie möglich über die Kultur und ihre Hintergründe zu lernen. Ich denke, in den meisten Fällen siegt am Ende die Neugier über die Angst.
Welche Pläne hast du nach deinem Praktikum in San Antonio?
Dieses Praktikum hat tatsächlich mein Interesse am Lokaljournalismus wieder erweckt. Es ist einfach immer wieder faszinierend, wie viele Geschichten man innerhalb einer Stadt oder Gemeinde finden und erzählen kann. Ich denke, in diesem Bereich ist auch noch viel Raum zum Experimentieren – etwa mit anderen Zugangsarten wie Podcasts oder Newslettern. Nach dem Studium mache ich mich also auf die Suche nach einer Redaktion, in der ich auch Neues mitentwickeln kann. Direkt nach dem Praktikum mache ich aber erstmal meine Masterarbeit fertig. Und esse Brot.