Faces & Places: Sven Poguntke
Sven Poguntke ist seit dem Wintersemester neuer Honorarprofessor. Im Interview spricht er über seine Lehrgebiete "Design Thinking" und "Innovation".
Ein Beitrag von Vanessa Kokoschka
Donnerstag, 14. November 2019
Mediencampus der Hochschule Darmstadt
Seit diesem Wintersemester ist Sven Poguntke neuer Honorarprofessor am Mediencampus. Er lehrt Design Thinking und Innovation im Masterstudiengang „Leadership in the Creative Industries“. Poguntke studierte Betriebswirtschaftslehre und Internationales Management an den Universitäten Mannheim und North Carolina und arbeitet seit 2004 selbstständig als Berater, Facilitator/Moderator, Trainer, Keynote Speaker und Buchautor. Seit 2012 ist er am Mediencampus als Dozent tätig. Im Interview spricht er über sein Lehrgebiet und die zukünftigen Herausforderungen für Medienstudierende.
Design Thinking lässt zunächst auf ein gestalterisches Umfeld schließen. Sie selbst haben BWL studiert. Wie passt denn das Analytische und Rationale mit dem Kreativen zusammen?
Design Thinking wird häufig explizit als eine Methode für Nicht-Designer bezeichnet. Umgangssprachlich verstehen viele Menschen unter Design „Dinge zu verschönern“. Im Kontext von Design Thinking stehen dagegen das Gestalten von Problemlösungen oder Generieren von Ideen im Vordergrund. Am häufigsten wird Design Thinking in Unternehmen angewendet, zum Beispiel in den Bereichen Produktentwicklung und Erneuerung. Daher ist es hilfreich, als Betriebswirt Design-Thinking-Projekte zu begleiten.
Im Vorwort zu Ihrem Buch „Corporate Think Tanks“ beschreiben Sie, wie Sie zum Design Thinking kamen: durch Ihr Studium in den USA. Ist die kreative Denkhaltung dort ausgeprägter?
Vor zehn Jahren hätte ich das bejaht, mittlerweile nicht mehr. Wenn man sich hierzulande große Unternehmen und Organisationen ansieht, kommt Design Thinking nahezu überall zum Einsatz. Manche übertreiben es ein bisschen, denn wenn so eine Methode oder so ein Mindset en vogue ist, dann ist man schnell dabei, dogmatisch damit umzugehen. Insofern würde ich sagen: Nein, Deutschland und auch international viele andere Länder sind gleichgezogen.
Wenn es darum geht, Ideen zu entwickeln, wird Brainstorming oft verwendet. Wo liegt denn der wesentliche Unterschied zwischen dieser Methode und dem Design Thinking?
Brainstorming ist ein Tool von ganz vielen, mit dem Teams neue Ideen entwickeln können. Es ist dafür nicht unbedingt das beste Tool, da beim Brainstorming nicht sichergestellt ist, dass alle Teilnehmer eines Workshops beteiligt und involviert sind. So hat man gelegentlich ein bis zwei Leute, die dominieren. Der Design-Thinking-Prozess umfasst mehrere Phasen und startet meist mit einem Research und endet mit Prototyping und Test. Diese Phasen werden mitunter mehrmals durchlaufen. Die Ideenfindung stellt nur einen Teilbereich dar. Alternativ zum Brainstorming hat die Design-Thinking-Szene eine Vielzahl von Ideengenerierungs- und Kreativitätstechniken hervorgebracht.
Was ist denn der zentrale Aspekt beim Design Thinking?
Bei Design Thinking steht im Vordergrund, nie den User aus dem Blick zu verlieren. Darüber hinaus wird im Design Thinking ein Set an Prinzipien zugrunde gelegt, wie zum Beispiel heterogene und interdisziplinär zusammengestellte Teams. Ferner ist der Prozess stark iterativ ausgeprägt, das heißt, man versucht sich schrittweise einer idealen Lösung anzunähern.
Was müssen die Teilnehmer für einen effektiven Design-Thinking-Prozess mitbringen?
Ich glaube, das Wichtigste ist, dass man ein heterogenes Team zusammenstellt, zum Beispiel sowohl jüngere als auch erfahrene Teilnehmer, unterschiedliche Geschlechter und Nationalitäten sowie verschiedene Disziplinen. Man muss dabei nicht unbedingt Experte für ein zu bearbeitendes Thema sein. Manchmal ist es in Projekten relativ gut, nicht allzu viel zu wissen. Man weiß in diesen Fällen noch nicht, was alles nicht geht und kann dann mit frischem Denken eine Gruppe bereichern. Wir nennen das den „Outsider Advantage“. Ferner sind ein kreativer Spirit und eine gewisse Leidenschaft für ein Thema hilfreich.
Mit Blick auf die Medienbranche: Wie wichtig ist Design Thinking gerade für Medienmacher?
Ungeachtet der Branche, des Berufsfelds oder der Hierarchie: Immer, wenn ich ein Projekt habe, wo ich nicht genau weiß, was am Ende des Tages herauskommen wird und wie ich dorthin komme – in solchen Fällen ist Design Thinking gut geeignet. Da kann die Methode bzw. die zugrunde liegende Denkhaltungen einen Rahmen darstellen, der mir Orientierungen gibt und mir dabei hilft, einen Fokus und spannende Ideen zu finden. Umgekehrt weiß man manchmal ganz genau, was am Ende eines Projekts herauskommen soll und wie man dort hinkommt. Hierfür brauche ich Design Thinking nicht. In solchen Fällen kann man mit herkömmlichen Projektmethoden arbeiten.
Sie lehren Design Thinking und Innovation: Was denken Sie, werden die größten Herausforderungen für Medienstudierende in der Zukunft sein?
Ich glaube, die Herausforderungen für jeden Einzelnen wird sein, sich eine grundlegende Neugier und Offenheit zu bewahren. Berufsbilder und Technologien ändern sich rasant. Daraus folgt, dass jeder Mensch die Bereitschaft mitbringen muss, sich ständig weiterzuentwickeln, zu lernen und Neues aufzugreifen.
Als Dozent haben sie unter anderem an Hochschulen in Fulda, Frankfurt, Heilbronn oder Mannheim gelehrt. Was schätzen Sie besonders am Mediencampus der Hochschule Darmstadt?
In erster Linie kann ich mich bei meiner Antwort auf den Studiengang „Leadership in the Creative Industries“ beziehen, in dem ich tätig bin. Hier schätze ich insbesondere den klaren Fokus auf „projectbased learning“ mit interdisziplinären studentischen Teams. Die Interdisziplinarität setzt sich übrigens auch in dem Kollegenkreis fort. Alles in allem also eine exzellente Voraussetzung, um mich mit Design Thinking hier einzubringen.
Was bedeutet die Honorarprofessur für Sie?
Es ist eine gute Möglichkeit, nach dem Ende meiner dreijährigen Vertretungsprofessur, den Kontakt zur Hochschule zu halten und hier auch weiter zu arbeiten. In gewisser Weise ist es auch eine Auszeichnung, die einen natürlich sehr freut.
Worauf dürfen sich die Studierenden in den Kursen bei Ihnen freuen?
Ich bin jemand, der nie ein Lehrkonzept entwickelt und dieses stur Semester für Semester abarbeitet. Ich glaube, man muss sich als Lehrender immer wieder neu erfinden. Neben den Inhalten einer Veranstaltung halte ich auch die Didaktik für zentral, insbesondere die Fragestellung, wie man die Studierenden für ein Thema oder einen Kurs begeistern kann.