ScienceWednesday: Ephemeral Media – Mobile First!
Nach statischen Websites und Social Media entwickeln sich Ephemeral Media zu einer dritten Ebene im Netz. Thomas Pleil hat sie beim Vortrag vorgestellt.
Ein Beitrag von Sven Zühlsdorf
Mittwoch, 8. Juli 2015
Mediencampus der Hochschule Darmstadt
Kurzlebig, flüchtig, vergänglich – nicht gerade das Erste, an das man denkt, wenn man das Thema Smartphone und Internet im Kopf hat. Ephemeral Media ist drauf und dran, die Kommunikation auf dem Smartphone grundlegend zu verändern. Anbieter wie Jo, Plague und der mutmaßliche Markführer Snapchat erobern den Smartphonemarkt mit grundlegenden, einfachen Mitteln: Schnelle, zumeist anonymisierte Kommunikation, welche nicht gespeichert werden kann.
So zumindest die Theorie. In der Praxis gestaltet sich das Ganze wie folgt: Snapchat auf, ein Snap geschossen (Foto / Video), ein lustiges Emoticon dazugepackt und das Ganze verschickt. “Kurz, knackig und vor allem vergänglich, denn im Beispiel von Snapchat ist die Nachricht für den Empfänger nur für bis zu zehn Sekunden sichtbar, danach wird diese gelöscht”, erklärte Professor Thomas Pleil in seinem Vortrag im Rahmen des ScienceWednesday. Im vergangenen Semester, welches Pleil als Forschungssemester genutzt hat, nahm er sich die Zeit, um sich mit dem Thema Ephemeral Media auseinanderzusetzen, die dazugehörigen Messenger auszuprobieren und herauszufinden, was dran ist, am Ephemeral Media Hype.
Was dabei deutlich wurde, ist, dass nicht nur die Nutzer das Potential dieser neuen Form der Kommunikation entdeckt haben, sondern auch Marketing- und Kommunikationsexperten. Diese haben den Schlachtruf “Mobile First” schon lange ausgerufen und sehen gerade hier die Chance, potentielle Kunden zu gewinnen und zu binden. Anders als eine simple visuelle Bannerwerbung, kann man nun vollkommen neue Möglichkeiten nutzen, den User emotional an sich zu binden. Man schaltet in diesem Fall nicht einfach nur Werbung, sondern erzählt eine Geschichte: Storytelling als Schlüssel zum Nutzer (siehe dazu: ScienceWednesday: Storytelling – Psychologische Aspekte des Geschichtenverstehens). Geschichten funktionieren besser als langweilige Inhalte, da sie den User unterhalten und meist dort treffen, wo es klick macht – im Herz. Ist eine Geschichte erst mal dort angekommen, wird sie wesentlich eher im Kopf behalten und positiv bewertet als eine simple Werbung.
Noch ist es natürlich nicht so weit, dass große Unternehmen Snapchat, Plague und Co für sich entdeckt haben, aber eine Bewegung in diese Richtung ist jetzt schon zu erkennen. Gucke ich mir zum Beispiel die Twitter oder Instagram-Nutzer in meiner Timeline an, so stelle ich fest, dass die meisten, insbesondere professionelle Produzenten, mittlerweile auch auf Snapchat vertreten sind.
Diese nutzen dort vor allem die etwas neuere Funktion, “Geschichten” zu teilen. Diese Geschichten bestehen aus verschieden Snaps, die in der Vergangenheit geschossen wurden und nun aneinandergereiht abgespielt werden. In dieser Art und Weise können die betreffenden Personen etwas von sich, ihrer Arbeit und ihrem Leben mitteilen. Vielleicht ist es ja etwas weit hergeholt, aber ich sehe in diesem neuen Format auch für Firmen die Möglichkeit, ihren Followern ihre Geschichten näherzubringen.
Letztlich bleibt die Frage, wie diese Entwicklung zu bewerten ist. Ich persönlich fände es nicht schlimm, anstatt einer aufgezwungenen Werbung im Internet, eine Geschichte präsentiert zu bekommen, von einem Unternehmen, dem ich freiwillig folge, um Informationen über dieses zu erhalten. Natürlich darf auch hier die Werbung nicht Überhand nehmen.
Wie sich im Laufe des Vortages rausstellte, benutzen lediglich zwei der Anwesenden einen Vertreter der neuen Ephemeral Media-Technologien. Am prominenten Beispiel von Snapchat wurde als Grund für die geringe Verbreitung angeführt, dass die Bedienung der Anwendung zu kompliziert sei und man diese nicht sinnvoll in den Alltag integrieren könne.
Ich lasse das mal so stehen und oute mich hiermit als absoluter Snapchat – Superuser, der in diesem, vielleicht zukünftigen Geschäftsfeld keinerlei Bedrohung durch eingesessene Marketingexperten sieht. Das Bemerkenswerte an dieser App ist die -in meinen Augen- simple Verbreitung von Momenten, die man gern mit seinen Freunden teilen möchte. Mit wenigen Handgriffen lässt sich dabei das Snap nach Belieben aufbereiten und schnell weiterverwenden.
Ein Bild sagt einfach mehr als 1000 Worte und schneller verschickt ist es alle mal.