Grundrechte gehen uns alle etwas an!
Die Vorsitzende des Vereins LOAD e. V., Ann Cathrin Riedel spricht am Mediencampus Dieburg über Grundrechte im Internet.
Ein Beitrag von Mirjam Halbgewachs
Dienstag, 10. Dezember 2019
Mediencampus der Hochschule Darmstadt
„Wieso rede ich als nicht Juristin über Grundrechte?“, beginnt Ann Cathrin Riedel ihren Vortrag über „Zwischen Meinungsfreiheit, Hate Speech und Desinformation: Grundrechte im Internet“.
„Grundrechte gehen uns alle etwas an. Bürgerinnen und Bürger sind dafür verantwortlich, dass Bürgerrechte und Grundrechte geschützt werden. Weder die Demokratie noch Grundrechte sind selbstverständlich“ fährt sie fort. Die 32-Jährige ist Gründerin und Geschäftsführerin der Agentur UP DIGITAL MEDIA sowie Vorsitzende des Vereins LOAD e.V. – Verein für liberale Netzpolitik.
„Wieso gibt es kein Fridays for Future für Grundrechte? Warum sind bei diesem Thema alle so still? Wieso interessiert das niemand?“, wirft sie in den Raum. Beim Thema Vorratsdatenspeicherung sehe man kaum junge Leute aber auch in Europa stehen die Grundrechte immer weiter unter Druck.
Die Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut, welches auch in Europa durch die Gesetzgebung bedroht werde. „Im Vergleich zu anderen Ländern führen wir hier Luxusdiskussionen, aber diese sind dennoch wichtig“, merkt Riedel an, „denn Europa ist Vorbild in der Welt“.
In der Diskussion um Artikel 13 ging es vor allem um Uploadfilter, diese müssen verwendet werden, um urheberrechtlich Geschütze Werke zu identifizieren. Pro Minute werden 400 Stunden Videomaterial auf YouTube hochgeladen. „Ein Mensch bzw. viele Menschen können dies nicht mehr kontrollieren, aber auch die KI stößt dabei an ihre Grenzen. Denn die Technik ist noch nicht soweit, vor allem auch in Sachen Zitationsrecht“. In Deutschland sei die ganze Sache nicht so leicht zu Regeln wie in den USA, denn wir haben kein Fair-Use-Prinzip.
Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz ist im Januar 2020 zwei Jahre aktiv, von den Zuhörenden im Campuskino haben nur wenige schon davon gehört. „Plattformen sind verpflichtet, gesetzeswidrige Inhalte zu löschen. Problem? Was ist gesetzeswidrig? Meinungsfreiheit bedeutet auch, dass man einiges aushalten muss. Auch eine schwere Beleidigung kann als Meinungsfreiheit gelten, es kommt immer auf den Kontext an“, erklärt Ann Cathrin Riedel. Hier seien sich manchmal selbst Richter nicht einig, was zur Meinungsfreiheit gehöre. Durch das Netzwerkdurchsetzungsgesetz sollen dann geschulte Mitarbeiter, keine Juristen, entscheiden was richtig ist. „Wollen wir wirklich, dass Plattformen entscheiden was gesetzeswidrig ist und was nicht?“, äußerte sie.
Aber auch die Desinformation der Bürgerinnen und Bürger stelle eine Gefahr der Grundrechte dar. Gesteuerte Desinformationskampagnen seien ein großes Problem. „Wir konzentrieren uns zu sehr auf die digitalen Medien und zu wenig auf die altbewährten Medien. TV ist nicht zu unterschätzen. Klassischen Medien haben weiterhin einen riesigen Impact“, äußert die Vortragende. Desinformation nur auf Social Media zu begrenzen, sei zu kurz gedacht. „Problematisch ist nicht wirklich die Desinformation, sondern die Demotivation“.
Aber was brauchen wir nun, um dagegen anzukämpfen? „Es geht nicht um viel oder wenig Regulierung, sondern um gute Regulierung. Wir brauchen Regulierungen, da Europa Vorbild in der Welt ist!“, sagt die Vorsitzende des Vereins LOAD e.V..
Aber wie kann eine Gute Regulierung aussehen?
„Dies ist schwierig. Man kann sich aber danach richten, was für Kritik es gibt. Es wird immer Kritik geben. Aber wenn sich ein Bündnis von sehr weit links bis sehr konservativ zusammen schließt, ist dies definitiv ein Indikator für eine schlechte Regulierung.“, teilt sie mit.
Ann Cathrin Riedel hat eine Liste mitgebracht, was zu tun ist:
- Facebook, Twitter, Youtube und Co. HABEN Verantwortung
- Daten für die Forschung freigeben! (Datenschutz konform)
- (Zivilgesellschaftliche) Kontrolle über die gelöschten Inhalte. Was ist/sind diese Plattformen eigentlich?
- Klare gesetzliche Vorgaben für Transparenz!
- Rechtsdurchsetzung durch Technikgestaltung. ABER Plattformen sind keine Hilfssheriffs!
- Personal und Fortbildung bei Polizei und Justiz
- Förderung zivilgesellschaftlicher Projekte, Hilfsangebote
- Mehr Wissen bei Politik und Medien
- Bildung, kritisches Denken
- GUTE Regulierung
- DU!
„Mein liebster Punkt bist DU!“, sagt sie. Die Zivilgesellschaft sind wir alle und alle sollten aktive Bürger der Gesellschaft sein.
„Wenn ihr Hass in den sozialen Netzwerken seht, sagt etwas, schreibt den Opfern persönlich und tut etwas dagegen. Mache Leute die Desinformation teilen darauf aufmerksam, dass es eine nicht seriöse Quelle ist, entweder privat oder öffentlich“, ruft Ann Cathrin Riedel das Publikum auf. „Jeder Einzelne ist dafür verantwortlich seinen Beitrag in der Zivilgesellschaft zu leisten. Wenn dies nicht passiert werden wir die Desinformation niemals los!“.