„Eine Welt erschaffen, in der jeder so sein darf, wie er ist“
Interview mit dem Gründerteam der Kommunikationsagentur DOPPELPAKK
Ein Beitrag von Moritz Zschau
Montag, 17. August 2020
Mediencampus der Hochschule Darmstadt
Die Onlinekommunikations-Studierenden Dominik Sommer und Denise Neghmouchi gründen gerade eine eigene Kommunikationsagentur: DOPPELPAKK steht für mehr Diversität und Empathie am Arbeitsplatz. Im Moment nehmen die beiden an der Ausschreibung der Kreativpiloten 2020 teil, bei der einfallsreiche Köpfe ausgezeichnet werden, die Kunst, Kultur und Kreativität mit unternehmerischem Denken verknüpfen. Im Interview verraten sie uns, wie ihre Agentur aussieht und welche Werte ihnen besonders am Herzen liegen.
Wie kam bei euch beiden die Idee auf, gemeinsam selbstständig zu werden und eine eigene Agentur zu gründen?
Dominik: Seit Studienbeginn ist Denise eigentlich die einzige Person, mit der ich wirklich zusammenarbeiten konnte. Es hat sich relativ schnell bei den ganzen Gruppenarbeiten im Studiengang herauskristallisiert, dass wir beide auf der gleichen Wellenlänge arbeiten und auch die gleichen Wertevorstellungen vom Leben haben. Das hat einfach super gepasst, sowohl auf privater als auch auf professioneller Ebene. Deswegen haben wir gesagt: Ja, lass uns loslegen, lass uns irgendetwas starten!
Wie kamt ihr anschließend auf die Idee, DOPPELPAKK zu gründen?
Denise: Das hat sich jetzt über zwei Jahre entwickelt. Wir haben immer mal wieder zusammengesessen und überlegt, welche Themen wir bearbeiten möchten. Das war immer etwas mit Diversity und damit, gegen Diskriminierung und Rassismen vorzugehen. Irgendwann haben wir dann überlegt: Wie bekommen wir das in die Arbeitswelt? Wir haben beide gemerkt, dass wir selbstbestimmt arbeiten möchten – das ist uns in einem normalen Unternehmen nicht so vergönnt. Dann haben wir uns gesagt: wir machen uns selbstständig, um auch für andere Leute die Arbeitsbedingungen zu verbessern. So hat sich das dann über zwei Jahre lang entwickelt.
Konntet ihr aus eurem Studium etwas für die Unternehmensgründung mitnehmen?
Denise: Auf jeden Fall. Das Thema Digitalisierung ist natürlich ein Riesenthema, was auch in einem Unternehmen umgesetzt werden muss. Außerdem sind wir sehr Social Media-affin und da tauchen unsere Themen ja auch immer wieder auf, aktuell beispielsweise durch „Black Lives Matter“. Diskriminierung, Sexismus, Feminismus, etc. – alles ist immer wieder hochgespült worden und dadurch sind wir noch etwas mehr sensibilisiert worden. Und gerade die Kommunikation in Unternehmen, also PR etc., begleitet uns bei Onlinekommunikation schon seit dem ersten Semester.
Dominik: Wir mussten uns am Ende nur noch die Frage stellen: Wie können wir das Ganze verkaufen? Da haben wir uns gesagt: Sobald sich ein Arbeitnehmer in einem Unternehmen wohlfühlt, dann bleibt er da auch gerne. Heutzutage ist es ja wirklich so, dass „Mitarbeiter-Hopping“ en vogue geworden ist. Es geht jemand in ein Unternehmen, bleibt dort zwei, drei Jahre, nimmt die ganzen Skills und Fortbildungen mit und zieht dann weiter in die nächste Firma, wo er die erlernten Sachen dann anwendet. Wir sagen: Wenn du aus deinen guten Mitarbeitern loyale Mitarbeiter machst, indem du eine gute Arbeitsstelle herstellst, hast du als Arbeitgeber länger etwas davon.
Wie genau sieht eure Arbeit in der Agentur eigentlich aus?
Denise: Auf jeden Fall gehen wir erst einmal in die Firma und lernen alle dort kennen. Wie ist die Arbeitsmoral? Wie sieht die Motivation aus? Was hält das Team zusammen? Wie sehen die Ziele des Arbeitgebers aus und wo möchte er mit seinem Unternehmen in der Zukunft hin? Dann schauen wir, wie wir zum Beispiel eine gescheite Kampagne für ihn aufsetzen, damit er seine Außenwirkung aufpolieren kann. Können wir vielleicht eine Recruiting-Kampagne starten, damit er die passenden Bewerber für sich findet? Können wir eine interne Kampagne starten, mit der wir alle Mitarbeiter wieder ins Boot holen? Wir klopfen alle Punkte ab, um zu sehen, wo es „hakt“ und setzen dann da mit unseren Skills an. Wir stellen Konzepte auf, wie wir die Kommunikation lenken können, bringen das Ganze dann auf die Straße oder in das Intranet – wo wir eben gebraucht werden.
Dominik: Wir schnüren – wie wir das auf unserer Internetseite auch angegeben haben – für jeden Kunden und jede Kundin das individuelle Angebotspaket und sagen: Genau hier drückt der Schuh und an dieser Druckstelle müssen wir ansetzen. Diese Analysearbeit ist unsere Hauptarbeit. Welche Konsequenzen daraus folgen, ist bei jedem Auftrag individuell. Es kann ja auch sein, dass nur intern etwas gelöst werden muss, weil es unausgesprochene Konflikte gibt. Wir sind dann auch so etwas wie die Schnittstelle zwischen Belegschaft und Arbeitgeber.
Ihr steht unter anderem für Empathie, Diversität und Loyalität. Wieso sind euch diese Werte besonders wichtig?
Dominik: Das hat definitiv mit privaten Ansichten zu tun. Das fing bei mir schon an, als ich noch ganz klein war und meine Mutter sehr darauf geachtet hat, dass ich möglichst unvoreingenommen an andere Leute herantrete. Wenn man das dann im echten Leben verfolgt, wird das nicht so gelebt. Wir haben damit persönlich auch negative Erfahrungen gemacht und haben uns gesagt: Wenn nicht wir, wer dann? Der Arbeitsplatz in Deutschland ist in der Regel noch ein relativ homogener Ort, wo nicht so viele unterschiedliche Leute zusammenarbeiten können. Menschen, die von der heteronormativen Cis-Norm abweichen, wird es schwerer gemacht, da hineinzukommen. Auch da liegt unser Ansatz. Wir sehen die Diskriminierung und daraus sind die Werte entstanden, die es für uns so wichtig machen, gelebt zu werden.
Denise: Ich habe das selbst erlebt, als ich eine Arbeitsstelle verlassen habe, in der ich die einzige Frau unter 12 Männern war und 60 Stunden die Woche arbeiten musste. Auch die Jobsuche mit Kopftuch war ein Spießroutenlauf. Da habe ich mir gedacht: Wenn ich irgendwann mal eine eigene Firma habe, wird das dort anders laufen. Ich werde nicht darauf achten, wie eine Person aussieht, sondern: Was bringt die Person mit und was ist ihre Motivation? Es sind so viele Sachen, wo ich mir gedacht habe: Nein, so kann es in Zukunft nicht weitergehen. Schon im Praxissemester haben ich und Dominik gemerkt, dass es in dieser Hinsicht an allen Ecken und Enden hakt. Wir wollen denen, die bereit sind, etwas zu ändern, dabei helfen, das auch durchzuziehen.
Habt ihr für die Zukunft bestimmte Wünsche und Träume, die ihr mit DOPPELPAKK verwirklichen wollt?
Denise: Ich sehe DOPPELPAKK in einem „Big Picture“. Das große Ding ist, dass wir eine Welt erschaffen, in der jede*r so sein darf, wie er oder sie ist und angenommen wird, mit allen seinen Skills, wie er oder sie sich gibt und wie er oder sie gesehen werden möchte. Gerade hier in Deutschland verbringen wir wahnsinnig viel Zeit am Arbeitsplatz – wenn das ein Ort ist, an dem wir unsere Lebenszeit gerne investieren, weil wir dort gesehen und akzeptiert werden, dann ist das für mich schon etwas ganz, ganz Tolles. Wir möchten, dass in unserer digitalen Welt trotzdem noch Zwischenmenschliches gefördert wird. Zum Beispiel planen wir auch Abendveranstaltungen, in denen man in kleinen Talks zu verschiedenen Themen zusammenkommen kann, um sich wieder besser kennenzulernen in einer Gesellschaft, in der momentan alles auf Entzweiung aus ist. Wir wollen die Leute wieder zusammenbringen. Das hört sich vielleicht sehr pathetisch an, aber wir haben wirklich vor mit dem, was wir machen, die Welt aufzumischen und an festgefahrenen Einstellungen zu rütteln.
Noch bis zum 30. August (ursprüngliche Deadline: 16. August) könnt ihr bei den Kreativpiloten des BMWI für eine Förderung von DOPPELPAKK voten. Zur Abstimmung geht es hier.
Weiterführende Links:
DOPPELPAKK-Homepage
Abstimmung der Kultur- & Kreativpiloten des u-institut für unternehmerisches Denken und Handeln e.V.
Info-Seite zum Wettbewerb „Kultur- und Kreativpiloten“ des BMWi (Bundesministerium für Wirtschaft und Energie)