Content-Strategie bedeutet mehr als planen und publizieren
Alle reden über Content-Strategie, aber was bedeutet das wirklich? Dabei geht es um mehr, als Inhalte zu planen und zu publizieren, meint Heinz Wittenbrink.
Ein Beitrag von Tobias Lübke
Mittwoch, 27. April 2016
Mediencampus der Hochschule Darmstadt
Was würde passieren, wenn Maurer, Fliesenleger, Innenausstatter und Elektriker unabhängig voneinander ihre Arbeit aufnähmen, um ein Haus zu bauen? Das Ergebnis wäre ein wild zusammengesetztes Gebäude, das einzustürzen droht. Dies zu verhindern, ist die Aufgabe des Architekten. Er stellt einen umfassenden Plan auf, wie die einzelnen Bauphasen zu durchlaufen sind und in welcher Reihenfolge die Arbeiten ausgeführt werden. Im Häuserbau werkeln viele Parteien gemeinsam an einem Produkt, um das bestmögliche Endergebnis zu erzielen.
Publizieren ohne Content-Strategie ist wie Häuser bauen ohne Planung
Die Arbeit des Architekten kann als Analogie für die Konzeptionierung einer Content-Strategie gesehen werden. Wie der Architekt dirigiert der Content-Stratege die unterschiedlichen Autoren und stimmt die Inhaltserstellung mit den einzelnen Abteilungen einer Organisation ab. “Publizieren ohne Content-Strategie ist wie Häuser bauen ohne Planung”, bringt es Heinz Wittenbrink von der FH Joanneum auf den Punkt.
Im Studiengang Onlinekommunikation führte Wittenbrink in das amerikanische Verständnis von Content-Strategie ein. Eine Grundlage bietet die Definition nach Kristina Halvorson. Laut Halvorson liegt das Aufgabenfeld von Content-Strategie in der strategischen Planung von Inhaltserstellung-, -auslieferung und -überwachung. Moderne Herausforderungen im User-Interface-Design und der Web-Entwicklung schufen die Grundlage, aus der sich Content-Strategie als eigenständige Disziplin herausbilden konnte. Die häufig synonym verwendeten Begriffe Content-Marketing und Content-Strategie dürfe man jedoch nicht in einen Topf werfen. Vielmehr biete erst eine durchdachte Content-Strategie die Grundlage für erfolgreiches Content-Marketing.
Wittenbrink führte in den Lebenszyklus von Inhalten ein. Demnach laufe die Erstellung von Inhalten stets nach einem wiederkehrenden Muster ab: Nach der Erstellung und Bearbeitung werden Inhalte veröffentlicht und dort geteilt, wo die Zielgruppe am ehesten erreicht werden kann. Irgendwann wandern Inhalte ins Archiv, verfallen oder werden schließlich gelöscht. Die Aufgabe eines Content-Strategen bestehe darin, diesen Prozess des Content-Managements im gesamten Lebenszyklus systematisch zu steuern. Wider Erwarten gehe es primär nicht darum, Inhalte selbst zu generieren, sondern vorhandene Inhalte besser zu strukturieren und die Produktion neuer Inhalte zu dirigieren.
Content-Strategen sehen in Inhalten “Assets”, die gepflegt und aktualisiert werden müssen, jedoch auch wiederverwendbar sind. Diese Universalität von Inhalten sorge für die gewünschte Effizienzsteigerung bei der Erstellung und vermeide, dass redundante Inhalte erstellt werden. Aber nicht nur das: Eine erfolgreiche Content-Strategie sei Grundlage für aufeinander abgestimmte Inhalte unterschiedlichster Autoren einer Organisation.
In the future, content will find you
Der US-amerikanische Programmierer und Drupal-Gründer Dries Buytaert prophezeit für die Zukunft ein Umdenken, wie Nutzer Inhalte konsumieren: “In the future, content, products and services will find you, rather than you having to find them”. Diese “Push”-Mechanismen könne man heute schon bei Facebook beobachten: Das Netzwerk stellt für jeden Benutzer einen personalisierten Newsstream zur Verfügung und kategorisiert, welche Nachrichten und Aktivitäten der Facebook-Kontakte relevant sind und welche nicht. Die ständige Verfügbarkeit von Smartphones als persönliche Nachrichten- und Informationszentrale verstärkt diese Entwicklung. Online-Inhalte werden zunehmend weniger durch den Nutzer abgefragt, sondern durch einen technischen Algorithmus selektiert und an den Nutzer ausgeliefert.