BYOD: Sieht so die digitale Zukunft des Lernens aus?
Im dritten ScienceWednesday des Sommersemesters 2017 stellt Alexander Unger eine neue an das digitale Zeitalter angepasste Form des Lernens vor.
Ein Beitrag von Laura Schott
Mittwoch, 7. Juni 2017
Mediencampus der Hochschule Darmstadt
BYOD. Das sind die vier Buchstaben, mit denen Alexander Unger, Professor am Fachbereich Soziale Arbeit und Mitglied im ikum, seinen Vortrag beginnt. “BYOD” steht für „Bring your own device“ und beschreibt eine neue Form der Unterrichtsgestaltung. SchülerInnen nutzen dabei ihre eigenen Geräte, um damit das Lernen zu unterstützen.
Wie entstand die Idee zu dieser besonderen Unterrichtsform? Laut Initiativen herrscht in Deutschland eine „digitale Bildungsmisere“, denn 45 Prozent der Schulen bieten den Lehrern unzureichende IT-Ausstattung und 42 Prozent haben kein Konzept, wie sie Bildung und die digitalen Geräte kombinieren können. BYOD soll nun die Lösung für dieses Problem werden und die Lücke zwischen der digitalen Lebenswelt und dem Unterrichtssystem schließen.
Doch was genau ist dieses BYOD? Wie der Name schon sagt, geht es darum, dass jeder Schüler sein eigenes Gerät besitzt und dieses auch alleine verwaltet. Dafür gibt es verschiedene Konzepte. Eine erste, eher standardisierte Variante lautet „Bring your own standard device“. Hierbei wird von der Schule beispielsweise ein bestimmtes Laptopmodell vorausgesetzt, das von der Schule lizensiert ist, die entsprechenden Programme hat usw. Beim eigentlichen „Bring your own device“ ist der Spielraum größer und es ist kein vorgeschriebenes Notebook mehr. Noch einen Schritt weiter geht die Variante „Bring your own stuff“. Hier ist alles im Unterricht erlaubt, was eine Netzwerkverbindung herstellen kann – vom Tablet bis zur Smartwatch. Dennoch plädieren Experten zu Geräten mit größeren Displays, um besser daran arbeiten zu können oder mehr Einsatzmöglichkeiten zu haben. Dazu gehört auch ein netter Zusatz zum Tablet – ein Stift, um weiterhin die Schönschrift im Unterricht zu erlernen.
Was soll diese digitale Lerngestaltung bezwecken? Neben dem oben genannten Grund soll sowohl die „Digital Citizenship“, also die Mündigkeit und kritischer Umgang mit den Medien, als auch die Medienkompetenz gefördert werden.
Die Frage eines Zuhörers, wie sich das Ganze finanzieren lasse, beantwortet Alexander Unger am Beispiel des Pilotprojektes in Hamburg. Gefördert von der Behörde für Schule und Berufsbildung wurde unter dem Namen „Start in die neue Generation“ für zwei Jahre an sechs Pilotschulen BYOD in den achten bis zehnten Klassen getestet. Da sich für das Modell „Bring your own stuff“ entschieden wurde, arbeiteten 75 Prozent der Schüler mit ihrem Smartphone. Die Lehrer leisteten dabei Integration, halfen – soweit möglich – bei der Administration und mussten die Entwicklung des Unterrichts planen. Bestandteil von BYOD-Lehrformen sind typischerweise auch spezielle Lern-Apps. Unger hatte zusammen mit einem Kollegen den Auftrag, den Erfolg des Projektes wissenschaftlich zu messen, vor allem durch verschiedene Befragungen bei Schülern und Lehrern. Dabei wurde festgestellt, dass die Bildschirmgröße wirklich eine wichtige Rolle spielte. Leider konnte jedoch kein optimierter Lernoutput und keine Erweiterung der Medienkompetenz gemessen werden. Dies lag zum einen daran, dass solche Projekte normalerweise über eine längere Dauer getestet werden, zum anderen war die Umsetzung des Projektes nach Ungers Einschätzung nicht ideal, so dass die digitalen Geräte von einigen Lehrern nur sporadisch eingesetzt wurden.Es kam zu einer Überforderung der Lehrer und einem Konflikt zwischen Datenschutz und Lebenswelt.
Als Fazit nannte Alexander Unger, dass BYOD mehr ist, als nur die Benutzung der digitalen Geräte. Es ist eine Herausforderung, den Unterrichtsstoff in didaktische Szenarien zu verpacken. Auch fehle grundsätzlich das Konzept und die Kultur einer digitalen Schule. Dennoch gibt es weitere Entwicklungsprojekte, die den Pilotschulen mehr Experimentierfreude und Freiraum bieten, was auf spannende, neue Ergebnisse in der Zukunft zu diesem Thema hoffen lässt.
Fotos: Steven Wolf (h_da)